Aufgaben und Tätigkeiten
In der Fachrichtung Anwendungsentwicklung entwickeln und programmieren Fachinformatiker/innen kundenspezifische Software. Sie testen bestehende Anwendungen, passen sie an und entwickeln anwendungsgerechte Bedienoberflächen. Darüber hinaus beheben sie Fehler mithilfe von Experten- oder Diagnosesystemen und beraten bzw. schulen die Anwender. Sie setzen die Methoden des Software Engineerings ein, nutzen Programmiersprachen und Werkzeuge wie Entwicklertools.
Worum geht es?
Fachinformatiker/innen der Fachrichtung Anwendungsentwicklung realisieren Softwareprojekte nach Kundenwunsch. Hierfür analysieren sie IT-Systeme und planen diese. Daneben schulen sie Benutzer.
Kundensoftware mit System
Ob kaufmännisches, technisches, mathematisch-wissenschaftliches, multimediales System oder Expertensystem, die Fachinformatiker/innen setzen jede Softwareanwendung kundenspezifisch um. Zunächst machen sie sich ein genaues Bild von der erwarteten Leistungsfähigkeit der Software. Dabei beachten sie nicht nur die Funktionalität der Programme, sondern auch deren Bedienbarkeit durch den Anwender. Plant ein Kunde etwa einen dynamischen Internetauftritt mit einem Web-Content-Management-System, also einem Anwendungsprogramm, mit dem er später Inhalte auf Webseiten darstellen kann, berät der Fachinformatiker ihn ausführlich und erarbeitet dann gemeinsam mit ihm ein Konzept. Beispielsweise wünscht sich der Kunde ein Redaktionstool (also ein „Werkzeug“), mit dem er alle Texte, Bilder und Dateien auf der Homepage problemlos aktualisieren kann.
Aufgaben und Tätigkeiten im Einzelnen
Fachinformatiker/innen der Fachrichtung Anwendungsentwicklung haben folgende Aufgaben:
- komplexe Softwarelösungen für Kunden im gesamten Bereich der aktuellen Informations- und Telekommunikationstechnologien erarbeiten, in technischen, mathematisch-naturwissenschaftlichen oder kaufmännischen Anwendungsschwerpunkten bis hin zu Multimediaanwendungen und Expertensystemen
- Anwendungssoftware individuell für den Kunden (Individualsoftware) neu erstellen, dabei existierende Softwarelösungen einschließlich Standardsoftware anpassen, erweitern und integrieren
- Projekte zur Entwicklung kundenspezifischer Anwendungslösungen leiten, in kaufmännischer, technischer und organisatorischer Hinsicht im jeweiligen Einsatzgebiet (kaufmännische, technische oder mathematisch-wissenschaftliche Systeme, Experten- oder Multimediasysteme) einschließlich der Qualitätssicherung
- anforderungsgerechte Softwarelösungen konzipieren und vorschlagen
- Programme erstellen, entwickeln, pflegen, ändern und anpassen
- Fehler durch den Einsatz von Experten- und Diagnosesystemen beheben
- bestehende Anwendungslösungen modifizieren
- anwendungsgerechte und ergonomische Bedienoberflächen entwickeln
- Anwenderlösungen präsentieren, Anwendungsprogramme installieren und einführen
- technische Unterlagen benutzergerecht aufbereiten
Arbeitsbereiche/Branchen
Fachinformatiker/innen der Fachrichtung Anwendungsentwicklung arbeiten in Unternehmen nahezu aller Wirtschaftsbereiche, v.a. aber in der IT-Branche. Sie sind auch für Unternehmen tätig, die Software für ihre Geschäftsprozesse selbst erstellen bzw. anpassen.
Arbeitsorte
Sie arbeiten in Büroräumen meist am Computer, aber auch direkt beim Kunden. Informations- und Beratungsgespräche finden in Besprechungsräumen statt, Einweisungen und Anwenderschulungen in Schulungs- und Unterrichtsräumen.
Arbeitsgegenstände/Arbeitsmittel
Bei der Arbeit von Fachinformatikern und Fachinformatikerinnen der Fachrichtung Anwendungsentwicklung steht die Software für Rechner aller Größenordnungen im Mittelpunkt. Insbesondere entwickeln sie Programme speziell für den Kunden als Anwender, wobei sie die Methoden und Werkzeuge der Softwareentwicklung und der Programmierung einsetzen. Ihr Standardwerkzeug ist der stationäre Computer oder das Notebook. Sie nutzen teils englischsprachige Benutzerhandbücher sowie Softwaredokumentationen bzw. erstellen diese selbst. Telefon und E-Mail stellen sicher, dass sie stets für Fragen der Anwender/innen erreichbar sind.
Arbeitsbedingungen im Einzelnen
- Bildschirmarbeit
- Arbeit in Büroräumen
- wechselnde Arbeitsorte (Arbeit beim Kunden)
- Kundenkontakt (Kunden beraten und betreuen)
- Gruppen-, Teamarbeit (mit anderen IT-Fachkräften)
- Termin- und Zeitdruck (Programmfehler beheben, um Betriebsbereitschaft der EDV möglichst rasch wiederherzustellen)
Verdienst/Einkommen
Die folgenden Angaben sollen der Orientierung dienen und einen Eindruck von der Bandbreite der Einkommen vermitteln. Ansprüche können aus ihnen nicht abgeleitet werden.
Das Einkommen ist wesentlich von den jeweiligen Anforderungen abhängig. Daneben werden in der Regel Berufserfahrung und Verantwortlichkeit berücksichtigt.
Neben einer Grundvergütung werden teilweise Zulagen und Sonderzahlungen wie 13. Monatsgehalt, Urlaubsgeld und vermögenswirksame Leistungen gezahlt. Es treten regionale und branchenabhängige Einkommensunterschiede auf.
Bei dieser Tätigkeit kann die tarifliche Bruttogrundvergütung beispielsweise 2.285 bis 2.790 im Monat betragen. Quellen:
- Tarifsammlung des Bayerischen Staatsministeriums für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen
- Entgelt in der IT-Branche 2008
- LohnSpiegel.de/ Tarifspiegel.de
Spezialisierungsformen
Fachinformatiker/innen der Fachrichtung Anwendungsentwicklung spezialisieren sich vor allem auf die Entwicklung unternehmensinterner oder kundenspezifischer Software oder auf die Systembetreuung. Je nach Betrieb können sie ihren Schwerpunkt auch auf bestimmte Produktgruppen legen, z.B. auf CAD-Systeme, Branchensysteme, kaufmännische Anwendungen oder Lernsysteme. Auch auf Websites oder Onlineshops können sie sich konzentrieren. Weitere Spezialisierungsmöglichkeiten finden sie im Vertrieb, im Support und in der Anwenderschulung.
- Anwendungsberater/Anwendungsberaterin
- Datenschutzbeauftragter/Datenschutzbeauftragte
- Organisationsprogrammierer/Organisationsprogrammiererin
Weiterbildung im Überblick
Qualifizierung und Spezialisierung
Weiterentwicklungen im Bereich Datenverarbeitung sind Herausforderungen, denen sich Fachinformatiker/innen der Fachrichtung Anwendungsentwicklung immer wieder neu stellen müssen.
Das Themenspektrum für eine fachliche Anpassungsweiterbildung ist breit und reicht vom EDV-Projektmanagement über Systemanalyse bis zur Systemprogrammierung. Auch wenn sich Fachinformatiker/innen der Fachrichtung Anwendungsentwicklung auf Einsatzgebiete spezialisieren möchten, finden sie in Bereichen wie Anwendungsentwicklung entsprechende Angebote.
Aufstieg und Studium
Wer sich das Ziel gesetzt hat, beruflich voranzukommen, kann ebenso aus einer Palette an Angeboten zur Aufstiegsweiterbildung auswählen. Naheliegend ist es, die Prüfung als Komponentenentwickler/in oder als Wissensmanagementsystementwickler/in abzulegen. Auf Leitungs- und Spezialfunktionen, z.B. auf der mittleren Führungsebene, bereiten auch andere Weiterbildungen vor, wie beispielsweise Softwareentwickler/in.
Fachinformatiker/innen der Fachrichtung Anwendungsentwicklung, die eine schulische Hochschulzugangsberechtigung besitzen, können studieren und beispielsweise einen Bachelorabschluss im Bereich Informatik erwerben. Unter bestimmten Voraussetzungen ist übrigens auch ohne schulische Hochschulzugangsberechtigung ein Studium möglich.
Weiterbildung
Qualifizierungslehrgänge
- System-, Netzwerk- und Datenbankadministration – produkt-, hersteller- und systemspezifische Kurse
- Software-Entwicklung, Analyse und Design, Programmierung – allgemein
- Software-Entwicklung, Programmierung – nach Programmiersprachen und Technologien
- Datenbanken – Entwicklung, Modellierung und Programmierung – allgemein
Aufstieg und Studium
- Techniker/innen
- Staatlich geprüfter Techniker/Staatlich geprüfte Technikerin Fachrichtung Informatik Schwerpunkt Technische Informatik
- Fach- und Betriebswirte/-wirtinnen, Fachkaufleute
- Fachwirt/Fachwirtin – Computer Management
- Betriebswirt/Betriebswirtin (Fachschule) für Informationsverarbeitung
- Sonstige Aufstiegsweiterbildungen
- E-Marketing-Entwickler/E-Marketing-Entwickleri
- IT-Systemplaner/IT-Systemplanerin
- IT-Qualitätssicherungskoordinator/IT-Qualitätssicherungskoordinatorin
Hochschulbildungsgänge
- Informatiker/Informatikerin (Hochschule) für angewandte Informatik
- Informatiker/Informatikerin (Hochschule) für allgemeine Informatik
- Informatiker/Informatikerin (Hochschule) für Softwaretechnik
- Informatiker/Informatikerin (Hochschule) für Ingenieurinformatik
- Informatiker/Informatikerin (Hochschule) für Wirtschaftsinformatik
- Informationsmanager/Informationsmanagerin
Ausbildungsinhalte
Im 1. Ausbildungsjahr lernen die Auszubildenden im Ausbildungsbetrieb beispielsweise:
- wie man Betriebssysteme und deren Anwendungsbereiche unterscheidet
- worauf man beim Testen von Systemen achten muss
- wie man Programmierlogik und -methoden anwendet
- wie man Kunden informiert und berät
- wie Daten und Funktionen zu Objekten zusammengefasst, Klassen definiert und Hierarchiediagramme erstellt werden
- was beim Erstellen von Testkonzepten und -plänen zu beachten ist
Im 2. Ausbildungsjahr wird den Auszubildenden u.a. vermittelt:
- wie Ergebnisse der Betriebsabrechnung für Controllingzwecke ausgewertet werden
- worauf man beim Entwerfen von Datenmodellen achten muss
- wie Netzwerkarchitekturen voneinander unterschieden werden
- wie man Verfahren des Datenaustauschs anwendet
- welche Programmiersprachen wofür geeignet sind und wie man sie anwendet
- wie Anwendungslösungen mithilfe von Applikationssprachen erweitert werden
- was man beim Anpassen und Konfigurieren von Betriebssystemen beachten muss
Im fachrichtungsspezifischen 3. Ausbildungsjahr lernen die Auszubildenden schließlich:
- Schulungsziele und -methoden festzulegen
- wie erstellte Anwendungslösungen kundengerecht dokumentiert werden
- wie man softwarebasierte Präsentationen durchführt und wie man Ton, Bild und Text in eine Präsentation integriert
In der Berufsschule sind folgende Lernfelder Gegenstand des theoretischen Unterrichts:
- der Betrieb und sein Umfeld
- Geschäftsprozesse und betriebliche Organisation
- Informationsquellen und Arbeitsmethoden
- einfache IT-Systeme
- fachliches Englisch
- Entwickeln und Bereitstellen von Anwendungssystemen
- vernetzte IT-Systeme
- Markt- und Kundenbeziehungen
- Öffentliche Netze, Dienste
- Betreuen von IT-Systemen
- Rechnungswesen und Controlling
Ausbildungsbedingungen
Dual betrieblich-schulisch
Ausbildungsbetriebe sind Unternehmen, die Produkte und Dienstleistungen der Informations- und Telekommunikationstechnik anbieten. Dort sind die Auszubildenden in Büroräumen tätig. Angeleitet werden die angehenden Fachinformatiker/innen der Fachrichtung Anwendungsentwicklung von ihrem Ausbilder und erfahrenen Kollegen, die sie schrittweise an ihre Aufgaben heranführen. Bereits während der Ausbildung wird selbstständiges Arbeiten erwartet und das Ergebnis laufend kontrolliert.
In der Berufsschule erarbeiten sich die Auszubildenden den theoretischen Hintergrund, den sie für die erfolgreiche Ausübung ihres Berufs benötigen. Der Unterricht, in dem selbstständiges Arbeiten im Vordergrund steht, ist in Lernfelder gegliedert. Die Auszubildenden lösen praxisorientierte Aufgaben, indem sie die Durchführung betrieblicher Maßnahmen planen, die Ergebnisse überprüfen, bewerten und gegebenenfalls korrigieren.
Schulisch: Schule – Projekte – Praktika
Wer keinen Ausbildungsvertrag hat und seine Ausbildung zum Fachinformatiker bzw. zur Fachinformatikerin der Fachrichtung Anwendungsentwicklung an einer Schule absolviert, erwirbt die theoretischen Grundlagen – wie in der Berufsschule – im Unterricht. Die grundlegenden praktischen Qualifikationen erlernen die Auszubildenden bei Projektarbeiten. Hier arbeiten sie im Team, mit dem sie beispielsweise ein neues kundenspezifisches System entwickeln. In weiteren Phasen der praktischen Ausbildung werden sie in der Schule oder im Rahmen von Praktika mit unterschiedlichen praxisrelevanten Aufträgen konfrontiert: Sie setzen Diagnosesysteme ein und beheben Fehler, entwickeln benutzerfreundliche Bedienoberflächen oder beraten bzw. schulen Kunden.
Ausbildungsvergütung
Auszubildende, die eine duale Ausbildung durchlaufen, erhalten eine Ausbildungsvergütung. Sie richtet sich überwiegend nach tarifvertraglichen Vereinbarungen. Ihre Höhe ist abhängig vom Ausbildungsbereich (Industrie und Handel, Handwerk u.a.) und der Branche, in der die Ausbildung stattfindet.
Die folgenden Angaben sollen der Orientierung dienen. Ansprüche können aus ihnen nicht abgeleitet werden.
Alte Bundesländer 1. Ausbildungsjahr: 701 | Neue Bundesländer 1. Ausbildungsjahr: 650 |
Förderungsmöglichkeiten
Unter bestimmten Bedingungen können Auszubildende Berufsausbildungsbeihilfe (BAB) erhalten. Informationen hierzu erteilen die örtlichen Agenturen für Arbeit.
Verkürzungen
- Die zuständige Stelle hat auf gemeinsamen Antrag von Auszubildenden und Ausbildenden die Ausbildungszeit zu kürzen, wenn zu erwarten ist, dass das Ausbildungsziel in der gekürzten Zeit erreicht wird. Die Verkürzungsdauer ist unterschiedlich und hängt von der Vorbildung ab. Bei berechtigtem Interesse kann sich der Antrag auch auf die Verkürzung der täglichen oder wöchentlichen Ausbildungszeit beziehen (Teilzeitberufsausbildung).
- Die Landesregierungen können über die Anrechnung von Bildungsgängen berufsbildender Schulen oder einer Berufsausbildung in sonstigen Einrichtungen bestimmen.
- Auszubildende können nach Anhörung der Ausbildenden und der Berufsschule vor Ablauf ihrer Ausbildungszeit zur Abschlussprüfung zugelassen werden, wenn ihre Leistungen dies rechtfertigen. Die Verkürzungsdauer beträgt meist 6 Monate.
- Ggf. ist eine Verkürzung der Ausbildungsdauer für Auszubildende möglich, die eine betriebliche Einstiegsqualifizierung (EQ) erfolgreich abgeschlossen haben.
Ausbildungsabschluss, Nachweise und Prüfungen
Zulassung zur Prüfung
Voraussetzungen für die Zulassung zur Abschlussprüfung bei einer Berufsausbildung in Betrieb und Berufsschule sind vorgeschriebene schriftliche Ausbildungsnachweise sowie die Teilnahme an vorgeschriebenen Zwischenprüfungen.
Prüfungsinhalte
Zwischenprüfung
In der Mitte des zweiten Ausbildungsjahres wird eine schriftliche Zwischenprüfung durchgeführt.
Abschlussprüfung
Die Abschlussprüfung besteht aus einem praktischen Teil A und einem schriftlichen Teil B.
Der praktische Teil A besteht aus einer betrieblichen Projektarbeit und deren Präsentation sowie dem Führen eines Fachgesprächs. Die Projektarbeit soll in höchstens 70 Stunden durchgeführt werden, die Präsentation und das Fachgespräch in höchstens 30 Minuten.
Als Themengebiete für die Projektarbeit kommen insbesondere in Betracht:
- Erstellen und Anpassen eines Softwareproduktes einschließlich Planung, Kalkulation, Realisation und Testen
- Entwickeln eines Pflichtenheftes einschließlich Analyse kundenspezifischer Anforderungen, Schnittstellenbetrachtung und Planung der Einführung
Der schriftliche Prüfungsteil B besteht aus den drei Prüfungsbereichen Ganzheitliche Aufgabe I, Ganzheitliche Aufgabe II sowie Wirtschafts- und Sozialkunde. Die maximale Prüfungsdauer beträgt für die ersten beiden Prüfungsbereiche jeweils 90 Minuten, für den dritten Prüfungsbereich 60 Minuten.
Bei nicht eindeutigen Prüfungsergebnissen in der schriftlichen Prüfung kann eine zusätzliche mündliche Prüfung durchgeführt werden.
Prüfungswiederholung
Nicht bestandene Prüfungen können nach dem Berufsbildungsgesetz zweimal wiederholt werden.
Prüfende Stelle
Die Abschlussprüfung wird bei der Industrie- und Handelskammer abgelegt.